«Tagesschau»-Beitrag «Schützen werben für neues Waffenrecht beanstandet (I)
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Mit Ihrer E-Mail vom 5. März 2019 beanstandeten Sie die «Tagesschau» (Fernsehen SRF) vom 3. März 2019 und dort den Beitrag «Schützen werben für neues Waffenrecht».[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann daher darauf eintreten.
A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:
«Ich habe mich gestern schon gefragt, wie Herr Flach zu seinem Statement kommt und konnte nur den Kopf schütteln...und lese heute die Stellungnahme des Referendumskomitee.[2] Die das Referendum befürwortende Seite hat SRF zwar auch kurz zu Wort kommen lassen. Davon ausgehend, dass die Aufdeckung der Tatsachen Herrn Flach betreffend korrekt sind, dann nenne ich das bewusste Irreführung der Öffentlichkeit und insbesondere absolut dilettantische, journalistische Recherche von SRF! Stellen Sie die Aussage/Position von Herrn Flach bzw. dessen Bericht innert maximal 8 Tagen in einer Tagesschau richtig.
Es reicht, wenn uns früher Frau BR Sommaruga über die Wirkungen Sand in die Augen streuen wollte und die neue Justiz Bundesrätin mit ihrer Vorgängerin gleichzieht. Es kann nicht sein, dass verantwortungsvolle Bürger wieder einmal weiter entmündigt werden, zumal der Anpassungsautomatismus den die EU will, dazu führt, dass wir bei einer weiteren Verschärfung derselben gezwungen wären, solches zu übernehmen, OHNE dass wir erneut darüber abstimmen könnten. Das alleine rechtfertigt schon ein klares NEIN zur Waffenrichtlinie bzw. JA zum Referendum. Das sollten Sie in Ihrer Berichterstattung DEUTLICH hervorstreichen. Denn ein Terrorist wird immer eine Waffe finden – und wenn es ein Lastwagen ist. Dazu kommt, dass die Schweiz wohl kaum aus Schengen verabschiedet werden wird, zumal sich die EU kaum einen weissen Fleck im Zentrum von Europa wird leisten wollen. Ich halte die Argumentation der Befürworter deshalb als reine Angstmacherei!»
B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für die «Tagesschau» antwortete Herr Franz Lustenberger, ehemaliger stellvertretender Redaktionsleiter:
«Mit Mail vom 5. März 2019 hat Herr X eine Beanstandung gegen die Tagesschau vom 3. März eingereicht. In der Beanstandung geht es um die Bezeichnung von NR Beat Flach als ‘begeisterter Sportschütze’, der ‘um sein Hobby keine Angst hat’.
Fokus des Beitrags
Das Referendum gegen den Bundesbeschluss vom 28. September 2018 über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Richtlinie (EU) 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands) wurde im Wesentlichen von der Interessengemeinschaft Schiessen Schweiz (IGS) lanciert. Dieser Interessengemeinschaft gehören verschiedene Verbände und Vereinigungen aus dem Schiess- und Militärwesen an.[3] Auf der der Pro-Seite hat sich ein Komitee aus Jäger und Schützen formiert, das für die Vorlage eintritt. NR Beat Flach ist Co-Präsident dieses Komitees.[4] Dieser Vorgang, eine Kontroverse innerhalb der Schützen und Jäger zum revidierten Waffenrecht, ist berichtenswert. Dies wird auch vom Beanstander nicht bestritten.
Sachlich wird der wesentliche Inhalt der Vorlage mittels Grafik dargestellt. Beide Seiten – NR Beat Flach als Vertreter des Komitees für ein modernes Waffenrecht und Thomas Steiger als Präsident eines am Referendum beteiligten Verbandes können ihre Argumente darlegen. Auch die gewählte Bildsprache ist ‘ausgewogen’; beide Protagonisten hantieren an ihren Waffen. Sie werden damit mit absolut gleichwertigen Handlungen dargestellt. Das Publikum kann sich unvoreingenommen eine Meinung zur Kontroverse innerhalb der Schützen und Jäger bilden.
‘Sportschütze’
Nationalrat Beat Flach ist Mitglied des Komitees ‘Jäger und Schützen für ein modernes Waffenrecht.’ Er hat im Vorgespräch zum Dreh über seine Freude am Schiessen gesprochen; die Reporterin konnte seine Begeisterung für den Schiesssport spüren. Die Tagesschau konnte und musste zum Zeitpunkt des Drehs daher davon ausgehen, dass im Komitee auch tatsächlich Schützen und Jäger vereinigt sind und dass NR Beat Flach mehr oder weniger regelmässig schiesst. Wann ist ein Schütze ein «richtiger Schütze»?
Wenn die Tagesschau gewusst hätte, dass NR Beat Flach schon länger nicht mehr geschossen hat, hätte die Tagesschau dies aktiv kommuniziert oder ihn damit konfrontiert. Nachdem bei der Redaktion einige Mails eingegangen sind, hat der verantwortliche Journalist bei NR Beat Flach nachgefragt und per mail folgende Antwort erhalten: <Ich habe sicher nichts unwahres gesagt... Ich habe zwei Gewehre und mehrere Kurzwaffen. Ich habe mit dem Sturmgewehr vermutlich vor 10 Jahren zuletzt geschossen und mit der Pistole vor ca. 8 Jahren. Ich weiss aber nicht, ob das jetzt sooo wichtig ist.>
NR Beat Flach zählt sich als Waffenbesitzer zu den Schützen. Die Bezeichnung ‘Sportschütze’ kann in Schützenkreisen missverständlich sein, da NR Beat Flach in der Vereins- und Verbandsregistration (VVA) nicht als ‘aktiv’ registriert ist. Diese persönlichen Daten sind allerdings nicht öffentlich, sondern beim Verband hinterlegt. Die Tagesschau hat nie gesagt, dass NR Beat Flach aktiver Schütze und Mitglied in einem Verein sei.
Kampagne
Der Beanstander erwartet in seinen weiteren Ausführungen, dass die Tagesschau in ihrer Berichterstattung die Argumente gegen das neue Waffenrecht ‘deutlich hervorstreichen’ solle. Dies ist klar nicht Aufgabe der Tagesschau; im Gegenteil, mit einer klaren Stellungnahme oder der Bevorzugung einer Haltung würde die Tagesschau gegen das Gebot der Ausgewogenheit verstossen. Die Tagesschau berichtet gemäss den Publizistischen Leitlinien über die Medienkonferenzen der beiden Komitees Pro und Contra, über die Parolen der wichtigen Parteien sowie die Medienkonferenz des Bundesrates. Sie greift – wie im konkreten Fall – spezifische Aspekte auf; diese umfassen aber immer Stimmen beider Lager. Die weitere inhaltliche Auseinandersetzung findet in der Abstimmungsarena statt; in dieser prallen die Argumente Pro und Contra aufeinander.
Fazit
Die Bezeichnung von NR Beat Flach als ‘begeisterter Sportschütze’ kann missverstanden werden.
Der Beitrag als Ganzes vermittelt aber eine ausgewogene Sicht auf zwei Personen, die Waffen besitzen und zur kommenden Abstimmung unterschiedlicher Meinung sind. Beide Seiten werden gleichwertig behandelt. Das Publikum konnte sich zum Fokus des Beitrages eine Meinung bilden.
Ich bitte Sie, die Beanstandung in diesem Sinne zu beantworten.»
C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Die «Tagesschau» hatte beste Absichten mit diesem Beitrag. Er war in sich ausgewogen. Aber die «Tagesschau» ist hereingelegt worden: Ein Sportschütze muss in der Schweiz einem Schützenverein angehören und aktuell (nicht vor 10 Jahren) regelmässig am Feldschießen und am «Obligatorischen» teilnehmen. Diese Bedingung erfüllt Nationalrat Beat Flach nachweislich nicht. Er kann darum nicht mit dem Sturmgewehr hantieren und so tun, als schösse er regelmäßig damit. Die Fehlinformation entstand zwar nicht durch Verschulden der «Tagesschau», aber die muss die Verantwortung dafür tragen. Deshalb unterstütze ich Ihre Beanstandung.D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüssen,Roger Blum, Ombudsmann
[1] https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/tagesschau-vom-03-03-2019-1930?id=3306661e-95a9-4294-af67-014e1a9758a4
[2] https://eu-diktat-nein.ch/fake-news-schuetze-beat-flach-fliegt-auf/
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